Ständerat: Kritik an Eigenmietwert-Vorlage – Wohngerechtigkeit oder Steuerungerechtigkeit?
Die Vorlage zur Änderung des Eigenmietwerts, welche kürzlich im Ständerat debattiert wurde, spaltet die Meinungen. Während Befürworter eine Verbesserung der Wohngerechtigkeit erwarten, üben Kritiker scharfe Kritik an der Ausgestaltung und den potenziellen Folgen der Vorlage. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Argumente der Kritik am Eigenmietwert-Modell.
Kernpunkte der Kritik
Die Kritik am neuen Eigenmietwert-Modell konzentriert sich auf mehrere zentrale Punkte:
1. Ungerechte Belastung von Eigenheimbesitzern
Ein Hauptkritikpunkt ist die ungerechte Belastung von Eigenheimbesitzern, insbesondere von jenen mit bescheidenen Einkommen und älteren Häusern. Die Berechnung des Eigenmietwerts basiert auf dem Marktwert des Eigenheims, was zu einer erheblichen Steuererhöhung für viele führen könnte. Dies trifft vor allem Personen im mittleren Einkommensbereich hart, die ihr Eigenheim oft über Jahre hinweg abbezahlt haben. Sie sehen sich nun mit einer unerwarteten und möglicherweise unzumutbaren Steuerbelastung konfrontiert.
2. Komplexität und Bürokratie
Die Berechnung des Eigenmietwerts ist komplex und erfordert einen erheblichen bürokratischen Aufwand. Viele Eigenheimbesitzer sind überfordert mit den notwendigen Berechnungen und Formalitäten, was zu Verzögerungen und Fehlern führen kann. Dies führt zu zusätzlichem Stress und Aufwand, ohne dass die Verbesserung der Wohngerechtigkeit in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand steht.
3. Mangelnde Berücksichtigung individueller Umstände
Die Vorlage berücksichtigt die individuellen Umstände der Eigenheimbesitzer unzureichend. Faktoren wie Alter des Hauses, Zustand der Bausubstanz, individuelle finanzielle Situation und die regionale Lage werden nicht ausreichend gewichtet. Dies führt zu einer ungerechten Verteilung der Steuerlast. Ein Einfamilienhaus in einer ländlichen Gegend wird anders bewertet als ein vergleichbares Haus in einer Stadt.
4. Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt
Kritiker befürchten negative Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Eine erhöhte Steuerbelastung für Eigenheimbesitzer könnte zu einem Rückgang der Nachfrage führen und den Preis für Immobilien senken. Dies könnte insbesondere für junge Familien mit Eigenheimwünschen negative Konsequenzen haben.
5. Ineffizientes Instrument zur Verbesserung der Wohngerechtigkeit
Die Kritik an der Eigenmietwert-Vorlage konzentriert sich auch auf die Ineffizienz dieses Instruments zur Verbesserung der Wohngerechtigkeit. Es wird argumentiert, dass es effizientere und zielgerichtetere Massnahmen gibt, um die Wohnsituation in der Schweiz zu verbessern, z.B. der Ausbau des sozialen Wohnungsbaus oder die Förderung von Mieterschutzmassnahmen.
Alternativen und Lösungsansätze
Anstelle der aktuellen Eigenmietwert-Vorlage werden alternative Ansätze zur Verbesserung der Wohngerechtigkeit gefordert. Diese beinhalten unter anderem:
- Ausbau des sozialen Wohnungsbaus: Die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum durch gezielte Förderprogramme.
- Stärkere Regulierung des Mietmarktes: Verbesserter Mieterschutz und Beschränkungen von Mietpreiserhöhungen.
- Differenzierte Steuermodelle: Eine differenzierte Besteuerung von Immobilien basierend auf Faktoren wie Grösse, Lage und Zustand.
Fazit
Die Kritik am Eigenmietwert-Modell im Ständerat ist vielfältig und fundiert. Die Vorlage birgt das Potenzial für eine ungerechte Belastung von Eigenheimbesitzern und könnte negative Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt haben. Es ist fraglich, ob die angestrebte Verbesserung der Wohngerechtigkeit mit den potenziellen negativen Folgen in Einklang steht. Alternativen und Lösungsansätze sollten daher ernsthaft geprüft und diskutiert werden. Die Diskussion um den Eigenmietwert wird sicherlich noch einige Zeit weitergehen und bedarf einer differenzierten und umfassenden Betrachtung aller Aspekte.